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Diverses:Wie man Politiker wird

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Erster Schritt: Aus dem Irrenhaus ausbrechen

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Da Sie Politiker werden wollen, leben Sie vermutlich im Irrenhaus. Ist dies nicht der Fall, bitten wir Sie, das Wort „Irrenhaus“ in diesem Text einfach durch „Gefängnis“ zu ersetzen. Um aus Ihrem Irrenhaus/Gefängnis auszubrechen, besorgen Sie sich einen Strohhalm, eine Kettensäge, ein gesticktes Gemälde und einen Eimer voll Sand. Wie Sie damit ausbrechen, ist so offensichtlich, dass es hier nicht weiter thematisiert werden muss.

Suchen Sie sich nach dem Ausbruch eine Bleibe. Fürs erste bieten sich Lobbys an. Achten Sie darauf, dass es sich bei ihren Aufenthaltsorten um öffentliche Gebäude handelt. Als Faustregel gilt: Wer etwa zwei Jahre in einem öffentlichen Gebäude am selben Fleck sitzt, gilt automatisch als Angestellter im öffentlichen Dienst. Nutzen Sie ihre Tage gut und teilen Sie sich ihre Zeit ein! Trainieren Sie mindestens zwei Stunden täglich vor dem Spiegel bedeutende Posen, besuchen Sie Zynismus-Seminare an der Volkshochschule.

Unser Tipp: Üben Sie das Schnellreden. Je mehr pseudointellektuell klingende Füllworte sie in einer bestimmten Zeit hintereinanderreihen (z.B. "kulturelle, soziale und wirtschaftliche Aspekte"), desto weniger Nachfragen kann ein Gesprächspartner stellen. Denken Sie immer daran: Sie wollen gestalten, nicht kritisch diskutieren!

Zweiter Schritt: Kontakte knüpfen

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Soweit so gut. Nachdem Sie an sich gearbeitet haben gehen wir zu den sozialen Kontakten. Für die Wandlung zum Politiker sind folgende Schritte zu beachten:

  • Finden Sie eine Menge Leute, die dümmer sind, als Sie (sog. Wähler)! Das wird nicht leicht. Wählerstimmen zählen zwar nichts, Sie benötigen sie aber als Rechtfertigung, um in der Politik Fuß zu fassen. Möchten Sie als Einzelperson in die Politik, sollten Sie sich auf die Erststimme konzentrieren. Steigen Sie dazu in die Kommunalpolitik ein, indem Sie sich am stadtnahen Wochenmarkt an den Bratwurststand stellen und auf die Verwendung kommunaler Gelder schimpfen, egal wofür. Behaupten Sie, Sie könnten die Gelder sinnvoller investieren. Sinnvoll ist alles, was die potentiellen Wähler haben wollen. Gibt es keine größeren Probleme in der Kommune schimpfen Sie auf steigende Preise. Jeder hasst steigende Preise. Vergessen Sie bei ihren scharfsinnigen Diskussionen nicht, charismatisch zu beeindrucken. Bezahlen Sie einen Taschendieb dafür, dass er einer alten Frau die Handtasche stiehlt, damit Sie ihn heldenhaft umschlagen und aufhalten können. Erzählen Sie richtig schlechte Witze, über die Sie selbst so penetrant lachen, dass andere denken, Sie hätten Humor. Küssen Sie Kinder, insofern die Eltern dabei sind. Geben Sie vor, Fußball zu mögen. Menscheln Sie!
  • Suchen Sie sich Nachtreter (Meinungsverstärker). Denken Sie immer daran: Nur in der Gruppe sind Sie stark und ihre Argumente etwas wert. Würden Sie sich als Einzelperson auf einen öffentlichen Platz stellen und behaupten, dass Sie auf einer nationalen Mission sind, um alle Kriege der Welt mit Waffengewalt zu unterbinden oder würden Sie Ihre Nachbarin ganz auffällig unter der Dusche beobachten? Nicht, wenn Sie nicht da landen wollen, wo Sie hergekommen sind. Würden Sie hingegen in diplomatischen Belangen der United States of America handeln, würden solche Aktionen der nationalen Sicherheit und dem Schutz vor Terrorismus dienen. Das klingt doch gleich ganz anders, irgendwie wichtiger. So oder so ähnlich ist das mit einer Partei. Suchen Sie sich eine!
  • Denken Sie an die Freunde aus der Wirtschaft: Ein Politikerleben ist endlich, die Angebote an Vorstandsposten sind es nicht. Nicht nur im Vorstand von Palmolive weiß man: Eine Hand wäscht die andere! Werden Sie sich darüber klar, dass Sie begehrt sind. Sie können mit ihrer politischen Aktivität dazu beitragen, millionenschweren Konzernen die billigsten Firmenwagen zu ersparen. Erfahren Sie die Wunder des ungezügelten Wirtschaftsliberalismus, lassen Sie sich auch mal was gönnen, laden Sie sich bei Freunden ein! Warum in ein schmuddeliges 3-Sterne Hotel in irgendeinem Entwicklungsland fahren, wenn man genausogut im Luxus-Ferienappartement des Geschäftsfreunds über den Dingen gastieren kann? Genießen Sie Ihre Immunität, wenn sie da ist! Carpe diem!


Alternativvorschlag

Sie sind mehr der menschenscheue Einzelgänger, der nicht die Initiative im knüpfen neuer Kontakte ergreift? Wie wäre es dann mit einer Karriere über Institutionen?

Beginnen Sie dazu ein Jurastudium! Keine Angst, Sie müssen nicht studieren. Suchen Sie alle universitären Versammlungen heraus, in denen ohne sichtlichen Erfolg Steuergelder verschwendet werden. Natürlich nicht die sprachwissenschaftliche Fakultät! Besuchen Sie den AStA und Fachschaftsräte. Kämpfen Sie für besseres Mensaessen, die Fakultätsrenovierung mit biologisch abbaubarem Regips oder mehr Alf, in welcher Form auch immer (jeder liebt Alf). Sie haben dazu mehr als genug Zeit, sieben staatlich finanzierte Jahre sollten reichen. Geben Sie sich in dieser Zeit politikkritisch an der Universität und politikaffin, sowie gesellschaftlich engagiert nach außen.

Wenn Sie in unendlich vielen Gesprächskreisen genug soziale Kontakte geschlossen und Geld gespart haben, schauen Sie sich nach Ghostwritern um. Sie brauchen zwei, einen für die Prüfungen und einen für Ihre Dissertation. Geben Sie beides in Auftrag, Sie wollen doch auf Ihrem Fachgebiet glänzen! Achten Sie aber stets darauf, nicht zu verkopft zu wirken und sich das Leid der Welt etwas angehen zu lassen. Trauen Sie sich, dagegen zu sein, egal gegen was, sonst können Sie Ihre Dissertation gleich abschreiben.

Dritter Schritt: Verantwortung tragen

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Nachdem Sie Ihr soziales Netzwerk haben, wird es Zeit, Sie fit für die Spitzenpoltik zu machen: Dazu lernen Sie, Verantwortung zu tragen. Verantwortung ist ein kostbares Gut für wichtige Entscheidungen, das ihre Wähler mit der Wahl an Sie delegieren. Je verantwortungloser die Wähler gewählt haben (in diesem Fall also Sie), desto weniger Verantwortung müssen Sie tragen. Die hohe Kunst der Politik ist es, den Wähler zu möglichst verantwortungslosen Wahlen anzustacheln, um dem Wählerwillen auch im Eigeninteresse möglichst gut gerecht zu werden. Unabhängig von der Schwere der Verantwortung, ist sie aber immer gleich viel Wert, nämlich 100 Euro pro acht Wählerstimmen (Verhältnis kann inflationsbedingt schwanken). Ein Bundestagsabgeordneter übernimmt also für etwa 8000 Menschen die Verantwortung. Das rechtfertigt seinen Preis.

Verantwortung wird üblicherweise auf den Schultern getragen. Weil viele Politiker aber ohnehin ein ganz schönes Päckchen zu tragen haben, haben Sie einen Verantwortungsträger. Meistens sind das Lakaien und Organisatoren, die im Hintergrund wirken, und von der eigentlichen Verantwortung des Berufs keine Ahnung haben. Daher kann es schon mal passieren, dass Sie die Verantwortung irgendwo vergessen und verantwortungslose Dinge tun. Übernehmen Sie im Zweifel die Verantwortung, wenn das passiert. Das kommt aber selten vor, man kann ja alles irgendwie erklären.

Vierter Schritt: Wahlkampf und Abgeordneter sein

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Vierjährig besteht für Sie die Möglichkeit, das Gelernte in der Realität anzuwenden. Ihr Einstieg in die Kreise der Spitzenpolitik erfolgt über einen etwa halbjährig währenden Prozess, der Ihnen viel Kreativität abverlangt. Im sogenannten Wahlkampf entwerfen Sie das Bild eines utopischen Landes, in dem Milch und Honig fließen und Sie an der Macht sind. Verkünden Sie dieses Bild in Reden als Antwort auf angebliche aktuelle Probleme. Denken Sie daran, die Konkurrenz schläft nicht. Gute Märchenerzähler aus Gegnerparteien sind nur eine Wahlkampfveranstaltung weit weg. Deswegen geht es nur darum, so viele Leute wie möglich zu begeistern. Der Zweck heiligt die Mittel, das ist vielleicht das einzige, was Sie für Ihr späteres Politikerleben mitnehmen können. Zeigen Sie political correctness, gendern Sie viel, lassen Sie sich von Asylbewerbern die Hände schütteln, geben Sie sich nah an den mittel- und kleinständischen Unternehmern. Dann klappts auch mit dem Bürger.

Herzlichen Glückwunsch!

Sie haben Ihr Ziel erreicht, Sie sind gewählt. Sie erhalten nun einen Stuhl im Reichstag, auf dem Sie die nächsten vier Jahre sitzen müssen, schonen Sie also die Möbel! Am besten Sie erscheinen nur zu Abstimmungen über die Annahme neuer Gesetzesentwürfe, dazu müssen Sie den Arm heben, wenn alle anderen Leute aus ihrer Fraktion den Arm heben (das sind die, die dort ständig sitzen). Nebenbei sollten Sie alle Vergünstigungen nutzen, die das Politikerleben bereithält. Beteiligen Sie sich an einem Ausschuss zur Reform einer allgemeinen Haustiersteuer und fliegen Sie zu diesem Zweck zu investigativen Recherchen acht Monate auf die Bahamas. Vergessen Sie aber nicht, im Wochentakt zu den Abstimmungen zurückzukommen. Sie bekämen das zwar trotzdem bezahlt, aber das wäre doch ein Verlust an kostenlosen Vielfliegermeilen und das wiederum ein Betrug am Bürger, der Ihnen all das mit seinen Geldern ermöglicht. Kehren Sie öfter in Ihren Wahlkreis zurück, um Blumensträuße zu überreichen und Grundsteinlegungen für neue Kaufhäuser mitzumachen! Das vermittelt Regionalität und Bürgernähe. Sprechen Sie aber nicht über langweilige Inhalte aus der bürokratischen Welt der täglichen politischen Arbeit. Versprechen Sie mehr, Sie können nie genug versprechen!

Zusatzschritt: Charismatischer Führer werden

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Wir wussten es, Sie sind der Siegertyp, Sie wollen auf dem Podest stehen, hoch hinaus, nach den Sternen greifen? Dazu müssen Sie noch ein wenig an Ihrem Wesen feilen. Möglicherweise ist das schon die dritte oder vierte Amtszeit, in der Sie sich durch politische Ämter mogeln, doch wenn Sie an die Spitze wollen, müssen Sie all das, was Sie über die Jahre an Wissen und Erfahrungen in der Politik gelernt haben, vergessen. Kümmern Sie sich allein um Ihre Reputation als charismatischer Sympathieträger. Bedienen Sie sich vorsichtig am reichen Gestenrepertoire vergangener Jahrhunderte, lassen Sie die großen Staatsmänner wieder laufe, schaffen Sie eine integrative Sphäre, naschen Sie ab und zu auch mal! Vermeiden Sie ab diesem Punkt aber jegliche Zweideutigkeiten in der Gestik und vergessen Sie nicht: in der Einfachheit liegt die Genialität. Haben Sie schon einmal mit nacktem Oberkörper auf einem Pferd gesessen? Haben Sie schon einmal Ihre Finger und Arme zu seltsamen Formen verrenkt? Probieren Sie es und lächeln Sie den Schmerz weg, immer lächeln!

Haben Sie ein ausreichendes Reservoir an Herrschaftsymbolik entwickelt, fliegen Ihnen die Wählerstimmen nur so zu. Vergessen Sie nicht: Die Leute wählen nun Sie, nicht mehr Ihre Inhalte! Sie können sich entscheiden: Sind Sie mehr der totalitäre Typ und nutzen die politische Lethargie zur Verwirklichung Ihrer abartigen politischen Pläne oder machen Sie es wie einer der letzten verbliebenen Diktaturen und entwickeln einen politischen Personenkult zur Staatsreligion, während Ihr Land in Chaos und Elend versinkt?

Und nun?

Wir sind am Ende dieses Ratgebers angelangt, Sie haben nun unumschränkte Macht und das völlig Souverän. Sie wollten gestalten. Jetzt haben Sie viele davon. Bauen Sie sich mit ihnen einen korrupten Apparat auf, um das Leben an der Spitze interessanter zu gestalten. Führen Sie mal einen Krieg, suchen Sie sich Gebiete, die Sie zu Gunsten kartellierter Oligarchen revolutionieren können. Sie werden noch auf Jahrzehnte politisch aktiv sein, leisten Sie sich also auch mal ein Freudsches Versprechen. Wie unsicher kann die Rente schon sein? Und haben wir nicht mittlerweile genug wiederaufgeforstet, um als blühende Landschaft zu gelten? Lassen Sie uns mit diesem Zitat schließen und denken Sie daran: "Alles, was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist." (- eine große Denkerin).

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Gelungen

Der Artikel Diverses:Wie man Politiker wird ist nach einer erfolgreichen Abstimmung mit dem Prädikat Gelungen ausgezeichnet worden und wird zusammen mit anderen gelungenen Artikeln in unserer Hall of Fame geehrt.

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