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Hechtbällchen

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Hechtbällchen: prätentiöse Gaukelpackung und Maximalkompromiss zwischen mangelnder Kochkunst und der geschmacklichen Idiosynkrasie bzgl. Fisch.

Notwendigkeit der Hechtbällchen

Angeblich gehört zu einem Menu der Luxusklasse der obligate Fischgang. Dem pralldeutschen Erfolgsmenschen, der in seiner Freizeit gerne Zeitschriften wie "Besser Kochen" liest und Wein- oder Zigarrenseminare besucht, ist diese Vorgabe gehobener Lebensart denn mehr als Mahnung und Ansporn, sondern vielmehr eine Pflicht. Insbesondere der tiefsitzende Minderwertigkeitskomplex deutscher Genussmenschen gegenüber kulinarisch höher entwickelten Nationen wie Frankreich oder Italien beschert denn deutschen Speisenkarten von Zeit zu Zeit Bereicherungen wie das Hechtbällchen.

Das Grundrezept

Da der Hecht ein sehr grätenreicher Fisch ist und daher in der Zubereitung gewisse Kenntnisse und Fertigkeiten verlangt, die naturgemäss nicht immer gegeben sind, hat sich folgendes Rezept als hinlänglich simpel und praktikabel erwiesen:

  • 500 gr Hecht werden grob entgrätet, dann im Mixer grob zerkleinert und anschließend mit dem Pürierstab zu einer amorphen Masse (ähnlich feiner Leberwurst) verschandelt.
  • 500 ml Sahne werden vorsichtig untergerührt.
  • geschmacksintensive Kräuter werden fein gehackt und untergehoben.
  • anschliessend wird durch Rühren eine geschmeidige Masse erzielt, Bällchen geformt und diese dann im Backrohr bei mäßiger Hitze 10 bis 15 Min. gegart. Et voila!

Und wozu das alles?

Da bekanntlich nicht jeder Fisch mag, es jedoch dem guten Ton widerspräche, einen Fischgang passieren zu lassen oder gar in einem Festmenu gänzlich wegzulassen, gewinnt das Hechtbällchen seine kulinarische Daseinsberechtigung. Letzteres sieht nämlich nicht nur in höchstem Masse unfischig aus, sondern, durch Verwendung geeigneter Kräuter, hat es auch jeglichen Eigengeschmack verloren. So kann jeder Kellner in Nobelrestaurants besten Gewissens den BlingBling-geschmückten Gästen versichern: "Keine Sorge gnä'Frau, unsere Hechtbällchen schmecken überhaupt nicht nach Fisch!". Diese Unspeise ermöglicht somit allen Beteiligten das Wahren ihrer feisten Gesichter.

Das Hechtbällchen als Metapher

Da es viele Bereiche des Alltages gibt, in denen vorhandene gewisse Abneigungen der Konsumenten mit einer gewünschten Offenheit und Weltläufigkeit des Anbieters sowie dem allgegenwärtigen Diktat einer political correctness eine unheilvolle Allianz einzugehen haben, ist die Kunst des Kompromisseschliessens eine der am höchst entwickelten unter allen Künsten geworden. Für die dieser verächtlichen Tätigkeit entspringenden Produkte hat sich die Metapher Hechtbällchen gebildet. Spasscommunities beispielsweise, die, anstatt auf bestimmte Themen einfach zu verzichten oder aber in den sauren Apfel alternativer Wirklichkeiten nicht beissen mögen, sind Hauptproduzenten solcher Hechtbällchen. So kommt es z. B. zu überaus unangreifbaren Erzeugnissen in Form von Artikeln über religiöse oder ethnische Themen, die sich allesamt nicht nur durch ihre Geschmacklosigkeit und das Fehlen jeglicher Konturen auszeichnen, sondern überdies nach Verzehr in exakt derselben Form und gleichem Aussehen ausgeschieden werden, wie sie aufgenommen wurden.

Literatur

  • "Die Kunst, es allen recht zu machen", Liar Hypocrit, Clarendon Press, London, 1989
  • "Vom Nachteil des aufrechten Ganges. Kriechen als gesunde Alternative", G. Westerwelle, Eigenverlag, Wuppertal, 2006

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