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Wehrdienst

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"Bitte nur noch ein Bild mit den Waffen". "Gut, aber dann marsch auf die Stube, es wird schon dunkel!"

Der Wehrdienst ist eine der nationalen Verteidigung dienende Einrichtung, in der junge, überschwengliche Gemüter lernen, ihren kraftstrotzenden Tatendrang auf das Annähen von Druckknöpfen, Putzen von Lackstiefeln und Essen von ungenießbarer Erbsensuppe zu richten während sie durch einarmige Liegestütze vorwärtsrobbend 20 km durch knöchelhohe Hindernisparkours gescheucht oder im strömenden Regen mit 25 Kilo Marschgepäck zwei Tage lang durch ein Anrainerwäldchen im Kreis herumgeführt werden. Das darwinistisch angehauchte pädagogische Umfeld, in dem das alles geschieht, fördert klassische Konditionierungsmethoden, besonders das suchtmittelgeleitete Belohnungsverfahren für die Strapazen eines harten Ausbildungstags im Dienste der Sozialisierung neuer, wertvoller Mitbürger. Diese Ausbildung ist etwas, was die Schule des Lebens nicht bietet, kennt jene doch weder das Marschieren im Stechschritt in grünen Tarnkondomen, noch die Kommunikation durch gegenseitiges Anschreien. Eben weil diese Ausbildung so besonders erfolgreich bei der Formung junger Staatsbürger ist, weiten manche Staaten ihre egozentrischen Verteidigungsstrategien zu altruistischen Friedensoffensiven aus und machen den Wehrdienst zu einer pazifistischen Schule für Friedensaktivisten. Die friedlichsten von Ihnen werden zum Bau von Brücken und Regenbögen in Krisengebiete geflogen, wo sie dann an einem sonnigen Freitag Nachmittag eine Kugel in den Kopf bekommen, weil die engstirnigen Menschen dort leider noch nicht wissen, was Frieden in einer Demokratie bedeutet.

Wie man auf solche Ideen kommt

Auf wen schießen wir da? Egal, er ist jenseits der Dampfwolke.

Im ausgehenden 18. Jahrhundert blieb den eng im Ständesystem begriffenen, europäischen Gesellschaften das Recht, sich auf dem Schlachtfeld schwer verwunden oder ermorden zu lassen weitestgehend versagt. Kommunale Ackerknechte waren teilweise gezwungen, ihr ganzes Dasein im Frieden der dörflichen Selbstverwaltung zu fristen, ohne jede Aussicht, jemals legal das Dach des verhassten Nachbarn oder ganz fremde Personen in Brand stecken zu können. War dann mal ein Reichskrieg verkündet, in dem man nach hochmittelalterlicher Manier die Forke zehn Meter weit über einen mehrere hundert Hektar großen Kampfplatz schleudern konnte, bezahlte der griesgrämige Landesherr lieber seine Matrikel, damit die überdrüssigen Hofadligen sich teure Söldnerregimenter kaufen konnten, die sie aufeinanderhetzten.

Am Anfang des Endes dieser katastrophalen Fehlentwicklung in Mitteleuropa stand Napoleon. Er sah erstmals die staatsbürgerliche Bedeutung des Heerdienstes, mit dem der kleine Mann sein sinnloses Leben endlich in den Dienst einer großen, gemeinschaftlichen Sache stellen konnte. Schon zu Napoleons Zeit war diese Sache der allumfassende Frieden, den nach zwingender Logik nur ein gesamteuropäischer Krieg herbeiführen konnte. Denn wenn es keinen Krieg gibt, kann man ja auch nicht wissen, ob gerade Frieden ist oder nicht. So kam Napoleon auf die Idee, jeden männlichen Bürger Europas von den Freuden der Dienstpflicht kosten zu lassen. Sofort zogen Bauernfänger durch die Lande, um mit einer Art Russischem Roulette Himmelfahrtskommandos an junge Männer auszugeben. Ihr Wehrdienst war damals noch sehr praxisorientiert. Nachdem die ausgelosten Glückspilze in einer überfüllten Kaserne gelernt hatten, dass ein Zündnadelgewehr Piff und eine Feldlafette Bumm machte, ging es an einen der zahlreichen Dauerkampfplätze Europas, um das Staatsbürgerverhältnis gegen mögliche Freunde oder Nachbarn zu verteidigen. Manche dieser Kampfplätze waren keine Herausforderung für die überlegene französische Armee und so geriet der ein oder andere napoleonische Feldzug zum Spaziergang. Der Zug nach Moskau 1812 war sogar so langweilig, dass 300.000 neu rekrutierte Soldaten schon auf dem Hinweg an der Beresina friedlich eingeschlafen sind.

Nach dem Ende Napoleons in Europa benötigten die Wehrpflichtigen eine neue Sinnstiftung für den allgemeinen bewaffneten Kampf, wenn es schon Frieden oder Staatsbürgerverhältnis nicht mehr taten, also erfanden sie das Vaterland, ein wirres exklusives Konstrukt, aufgebaut auf einer Menge Klischees und zu kurz gedachter Simplizismen. Hieß es in Frankreich "wer wählen kann, kann auch auf Kandidaten schießen, die er nicht gewählt hat" hieß es in den deutschen Ländern nun "Wer deutsch spricht kann auch auf die schießen, die kein deutsch sprechen". Doch die etablierten europäischen Staatsoberhäupter sabotierten diese Entwicklung erneut mit einem allgemeinen Verbot der Volksbewaffnung. Fast ein ganzes Jahrhundert durfte kein betrunkener Arbeiter mehr seine nationalen Ressentiments mit einem Revolver auf der Dorfstraße in die Luft knallen. Natürlich brach sich der Unmut darüber in zahlreichen Revolutionsversuchen Bahn, die zu Beginn des 20. Jahrhundert endlich in den großen Befreiungsschlag der Weltkriege mündeten. Tausende treuer Reichsbürger meldeten sich freiwillig, um ein paar Handgranaten auf das nationale Wohl zu werfen und um diese Menge aus intellektuellen, womöglich noch demokratischen Wahnsinnigen mit dem staatlichen Militärideal aus dem vorletzten Jahrhundert zusammenzuführen, musste die bisherige privilegierte Ausbildung einem ausufernden Sadismus weichen, der junge idealisierte Köpfe in willenlose Instrumente verwandelte, die das Vaterland auch gebrauchen konnte.

Einführung und Notwendigkeit

Nachdem die USA am Ende des Zweiten Weltkriegs den Titel tollste Nation der Welt errungen hatten, geriet das Konzept des freuwilligen, nationalistischen Massenmords aus der Mode. Dennoch behielten viele Staaten aus Traditionsbedürfnis ein freies Rekrutierungsverhältnis zu ihren Bürgern. Der Wehrdienst wurde zur Volksschule seelischer Traumata, durch die Volljährige die Möglichkeit erhielten, die gewaltigen politischen Probleme der Vergangenheit auf ihren schmalen Schultern zu spüren. Dazu wurde der Kasernendrill aus dem Kaisserreich genommen und in "Grundwehrdienst" umbenannt, allerdings ohne Kriegsvorbereitung. Mit diesem Grundwehrdienst führten Staaten wie die junge Bundesrepublik eine allgemeine Wehrpflicht ein, um jeden Bürger ein paar Monate seines Lebens zu nehmen, die er dem Dienst an dem Staate widmen sollte, von dessen weiser Gesetzgebung und Politik er profitierte; und was könnte einem Staat besser dienen, als junge Männer beim Kartoffelschälen durch stundenlanges Anschreien so sehr zu traumatisieren, dass sie abends heimlich unter der Dusche weinen, fernab der Familie, der Freunde oder Liebschaften in einem kalten, isolierten und sadistischen Zweckbau?

Und so fing das alles an...

Keinesfalls mehr sollte der Militärdienst eine reine Kampfausbildung sein, wie es die hohen Mauern mit Stacheldraht, die Schlammbecken, die Trimm-dich-Pfade, die Schießübungen oder die Kleidung der Rekruten vielleicht vermuten lassen, vielmehr stand die zivile oder staatbürgerliche Komponente im Vordergrund. Dinge, die den Dienst am eigenen Land mit der moralischen Formung und Ausbildung junger Menschen verbanden wurden zum eigentlichen Gegenstand des Wehrdiensts, also Dinge, die man im zivilen Leben nicht lernt, wie das Zimmer aufräumen, um fünf Uhr aufstehen und in formschönen Jogginhosen durchs taufrische Gras hüpfen oder in einer Menschenkette bis 40 zählen. Um das zu lernen bot der Wehrdienst klare Vorteile im Gegensatz zu rein zivilen Einrichtungen, wie den hungrigen Zivildienstleistenden, die den pflegebedürftigen Rentnern noch die letzte Kukident vom Nachtschrank lutschten. Vielmehr wurde z.B. in der Bunderepublik Deutschland seit Anfang der 50er Jahre öffentlich darüber diskutiert, dass man nach Beseitigung der bösen Naziwaffen neue demokratische Waffen anschaffen wolle, die der allgemeinen Verteidigung und Volkssicherheit dienten. So könnte man mit einem ein Meter langen G3 problemlos einen Bewässerungsgraben in Flutgebieten aus der Erde schießen, ohne auf lange überholte und schwer aufzutreibende Werkzeuge wie Spaten oder Schaufeln zurückzugreifen, auch wenn man aufpassen muss, dass man nicht versehentlich an den Abzug kommt, wenn man sich mit dem Lauf am Ohr kratzt. Theoretisch hätten Gefreite auch beim technischen Hilfswerk eingesetzt werden können, was zwar nie passiert ist, aber es ist ja der Gedanke, der zählt.

Natürlich spielt auch die Sozialisation eine wichtige Rolle, denn nirgends sonst ist man so eng mit den Altersgenossen verbunden, wie beim Bund. Sonst würde er ja nicht so heißen. Nicht nur, dass der Wehrdienst dazu taugt, herauszufinden, warum Bettnässer nie ein Stockbett beziehen dürfen oder dass man schnarchenden Kameraden keine Watte in die Naselöcher stofpt, außer man will auch sein restliches Leben hinter hohen Mauern verbringen; angehende Karrieremacher lernen hier auch die später wichtigste Anstellungsvorausetzung für die freie Wirtschaft: gute Beziehungen. Wenn man Strohmänner in der Schreibstube hat, um den Spieß um Urlaubstage zu bescheißen, bekommt man z.B. schlagartig viele neue Freunde, Bewunderer und Fans. Natürlich gehört auch Gastlichkeit und Gesellschaftfähigkeit zu den Sozialkompetenzen, die der Wehrdienst fördert. So kann man sich mit den Kumpanen in der nächsten Dorfkneipe nach Feierabend bis zur Besinnungslosigkeit besaufen. Das könnte man zwar als Zivilist auch, aber wo wäre dabei der Nervenkitzel, wenn man nicht früh am nächsten Morgen mit einer Schnapsfahne zum Appell zurückschleichen muss? Auch hier ist die Bundeswehr moderner geworden und steht mehr hinter den selbstjustizialen Regelungsmechanismen kleinerer Kameradengruppen zurück. Alte Drilleinrichtungen werden kaum noch benutzt, um zu fette, langsame Sonderlinge zu brechen oder zu demütigen. Das lassen die heutigen Bundeswehrpädagogen alles durch internes Mobbing regeln. Sozialkompetenz wird wohl auch in Zukunft die wichtigste Rolle für nationale Armeen spielen, weil sich Heere wie die deutsche Bundeswehr wieder verstärkt auf ihr Kerngebiet konzentrieren: der Ausbildung junger Menschen, z.B. zu Grundschul-Sozialpädagogen oder Kinder-Musiktherapeuten.

Auswahlverfahren

Rekrut auf dem Weg zur Musterung.

Aus guten Gründen schrieben die Väter des Grundgesetzes 1949 das Recht auf Wehrdienstverweigerung fest. Zehn Jahre später merkten sie, dass so ein Grundrecht gar keinen Sinn macht, wenn man keinen Wehrdienst hat. Also führte der Staat in den 50er Jahren die Wehrpflicht ein, um jedem volljährigen männlichen Bürger Gelegenheit zu geben, sie zu verweigern. Das war zwar ein massiver Verstoß gegen die Rechtsgleichheit, da aber Frauen ohnehin das Rollenbild einer pazifistischen Gebärmaschine oktroyiert bekamen nicht verwunderlich. Die Männer hatten nun immerhin die Wahl, wozu sie sich zwingen lassen wollten und damit freies Entscheidungsrecht im Sinne des Rechtsstaats.

Das Auswahlverfahren der in die Rekruten gesetzten Kriterien blieb bis in das Jahr 2011 in Deutschland weitestgehend unverändert. Es begann mit einem Musterungsbescheid am Tag der letzten Zeugnisausgabe und endete wie ein Ministrantendinner im Priesterseminar: mit entblößtem Unterleib vor einem humorlosen alten Mann, der am Tag hunderte Schrittgegenden befühlt. Ursprünglich diente die vorbereitende Musterung der Aussortierung nicht wehrfähigen Menschenmaterials und der Einteilung junger Männer in willkürliche Klassen nach dem Grad ihrer körperlichen Gebrechen. Durch den schlechten Einfluss der Swingmusik und der Studentenbewegung in den 70er Jahren wurde der Wehrdienst aber zunehmend reflexiv verstanden, als Dienst, gegen den man sich wehren muss.
Achso, ja, wenn er einem das so erklärt...
Mit häufigem Mariuhanakonsum oder hypochondrischen Geschwulsten bis hin zu Psychosen und Nervenschäden, zeigten eingezogene Freigeister ihre despektierliche Ablehnung gegenüber der sinnvollen staatlichen Einrichtung. Die Tradition dieser Ablehung hat die Elterngeneration auf die Kinder übertragen und den Musterungsbescheid nur noch zur Aufforderung, sich möglichst kreativ aus der Affäre zu lügen gemacht. Während es beim Amtsarzt plötzlich von dritten Söhnen und Priesteramtskandidaten wimmelte, die trotz vollständiger körperlicher Gesundheit quasi in jungen Jahren schon Halbinvaliden waren, versuchte der Arzt bei der Musterung nun zu beweisen, dass Herzfehler, Nierenkoliken oder fehlende Beine noch lange keine Grund für eine Untauglichkeitsbescheinigung sein mussten.

Seit im Jahr 2011 der designierte Kanzler zu Guttenberg den Krieg in der Welt zu Gunsten des kriegsähnlichen Zustands einfach wegdefiniert hatte, war die Bundeswehr überflüssig und fortan mussten weder junge Männer die Zwangsrekrutierung fürchten, noch Deserteure das Kriegsgericht. Das verbliebene Heer schmrumpfte zu einem Freiwilligenkontingent zusammen und das Auswahlverfahren für den Wehrdienst wandelte sich. Die Bundeswehr findet fortan nicht mehr ihre Rekruten, egal wo sie sich verstecken, sondern sie lässt sich von fähigen Leuten und Fachkräften finden. Faireweise muss man sagen, dass es auch die Bundeswehr schon seit Jahren schafft, sich vor diesen freiwilligen Fachkräften gut zu verstecken.

Der Grundwehrdienst

Die Grundausbildung

Ein paar Panzergrenadiere in der Schnupperwoche.

Wer es vor 2011 nicht geschafft hat, sich durch die Musterung zu mogeln, bzw. nach 2011 so perspektivlos war, dass er sich freiwillig gemeldet hat, erlebt die Grundausbildung. Er erhält einen Marschbefehl zu einer wenigstens 900 km entfernten Kaserne, obwohl er bei seiner Musterung die Heimatkaserne in seinem Wohnort als Präferenz angegeben hat. Wer körperlich privilegiert ist, erhält den Selektionsvorteil zwischen verschiedenen Teilen der Armee zu wählen, zwischen denen es in der Grundausbildung letztlich aber keinen Unterschied gibt.

In der nicht gewünschten Kaserne angekommen, muss man seine Personalien zu Protokoll brüllen und wird dann nach einigen Stillstehübungen von der hauseigenen Kostümschneiderei mit allem Tand ausgestattet, den man braucht, um morgens um sechs in einem feuchten Laubhaufen zu überleben. Natürlich sind die ersten Monate besonders hart, aber dennoch wird hier wie überall auf den Arbeitsschutz geachtet. Eine gewöhnliche Dienstschicht beginnt zwischen 2:30 und 5:00 Uhr und endet meist schon vor 23 Uhr, z.B. um 22:25 Uhr. Zum Schlafen ist der tagsüber stattfindende Theorieunterricht gedacht. Dazwischen müssen die Rekruten Zeit für unwürdige Behandlung und wenigstens 10 Minuten Körperpflege am Tag einplanen. Der oftmals physisch und psychisch hohe Druck in der Grundausbildung lohnt sich aber, denn am Ende dieser dreimonatigen Einstiegszeit, kann der junge Wehrdienstleistende schon ein G36 mit einer Ü-Ei-Anleitung zusammenschrauben, die Vorgesetzten an der Stimmfarbe unterscheiden und marschieren. Ja genau, er kann laufen und man weiß ja aus Germanys Next Topmodel, wie schwierig das zu lernen ist.

Besonders aber fördert die Grundausbildung Selbstständigkeit und Organisationstalent. Der Tarnsoldat lernt, sich abends zu rasiern, weil er ja morgens nicht ohne Schminke aus dem Haus geht. Die alles umfassende Ausbildung an ingesamt drei Waffen fördert Kreativität und Eigenverantwortung. Klar muss ein späterer Fahrdienstleistender nicht wissen, wie man ein MG bedient, aber wenn es hart auf hart kommt und er auf der Strecke mit einem Motorschaden liegenbleibt, wehrlos der Gefahr allzeit lauernder, tollwütiger Waschbären ausgesetzt, wird er für die ein oder andere Lektion in Sachen Waffen und Überlebenstraining dankbar sein. Das relativiert auch das viele Gerede über die Willkür und Härte der Grundausbildung. In vielen Kasernen wird selbst Nachtalarm nur noch ausgelöst, wenn ein Gefreiter nachts auf dem Klo eine Spinne gesehen hat.

Soziale Hierarchie und Gemeinschaft

Ja genau Bitch, ich bin Obergefreiter.

Viele behaupten ja, dass Armeen wie die Bundeswehr riesige bürokratische Monstren seien, die, statt sich um das wohl ihrer Rekruten zu kümmern, lieber eine Menge Leute auf unzähligen sinnlosen Positionen durchbringen. In Deutschland stimmt das gar nicht mehr, weil die Bundeswehr seit dem Guttenbergschen Sozialabbau 2011 nur noch ein bürokratisches Monstrum ist, ohne unzählige Angestellte, die sie durchbringen muss. Die Bundeswehr ist also nicht bürokratisch; im Gegenteil, sonst könnte man ihre ganze Struktur ja nicht in 3 Monaten verstehen. Hat sich vorher z.B. das zuständige Kreiswehrersatzamt um die Weiterverwendung der Gefreiten nach der Grundausbildung bemüht, das aber mit Aussetzen der Wehrpflicht abgeschafff wurde, geschieht das ganze heute völlig unbürokratisch, indem ein Unteroffizier nach Lust und Laune irgendwie, irgendwo irgendwelche Scheine für irgendwen ausstellt, die dann irgendwer bekommt. Um den bürokratischen Stress vom Rekruten fernzuhalten, erfährt er als letzter von seinem Einsatzort für die DpA und das auch nur, wenn er es schafft, sich durch unzählige Stellen der Kompanie zu fragen, die sich zwar gegenseitig die Kompetenzen zuschieben, aber alle von ein und demselben Mann verwaltet werden.

Genau so sieht Kameradschaft aus.

Die eigentliche Hierarchie ist neben zahlreichen Zweigstellen und Unsinnseinrichtungen aber vor allem ein Sozialisationsmittel, um gesellschaftliche Ordnung zu verstehen. Nichts fördert nämich die eigenständige und kritsche Haltung als Staatsbürger besser, als die Subordination und Devotion unter einem 1,60 m großen von Jähzorn zerfressenen Vorgesetzten, der mit seinen paar Stäbchen mehr auf der Schulter den Vorbildcharakter des Dienst- und Beförderungsverhältnisses wie kein zweiter verkörpert. Inklusion soll das neue Zauberwort sein, damit jeder Wehrdienstleistende gleich schlecht behandelt wird. So steht es nämlich sinngemäß schon im Wehrgesetz, das keinem Rekruten durch den Wehrdienst ein Vorteil entstehen darf. Natürlich könn(t)en auch elitäre Köpfe und Querdenker in so eine Lernumgebung einsteigen, wenn sie z.B. eine separate Offizierslaufbahn wählen, allerdings müssen sie dabei mit ihrer Bewerbung an demselben behördlichen Spießrutenlauf vorbeikommen wie das gemeine Fußvolk. Dass man nach Abschaffung jeglicher Distanzmittel wie der Grußpflicht überhaupt noch Ränge lernen muss, ist einzig und allein der Einfachheit und Einprägsamkeit des Systems zu verdanken. Selbst Zivilisten wissen mit der einfachen Rangabfolge vom Feldwedel bis runter zum Zugführer, auch Schaffner genannt, etwas anzufangen.

Im Zentrum der Ausbildung steht dafür umso mehr die horizontale Vergemeinschaftung, die gegeseitige Hilfe und Kameradschaft. Um das Gemeinschaftsgefühl zu fördern bekommt z.B. jede Stube nur eine Zahnbürste und ein Stück Kernseife. Von manchem älteren Kameraden können sich die Anfänger abgucken, wie man lange Zeit ohne Körperhygiene oder Schlaf auskommt.

Sechs Monate gammeln

Schlaft! Schlaft! Schlaft!

Nachdem die Grundausbildung abgeschlossen ist, bekommt der frisch gedrillte Schlaf- und Wachsoldat seinen Einsatzbefehl für die DpA (Dauerpenetrante Arbeitsbeschaffungsmaßnahme), wenn er Glück hat in einem truppenspezifischen Teil seiner Wahl. Vom Ausbildungscharakter her geht es darum, sechs Monate lang Szenarien durchzuspielen, wie man mit Waffen den internationalen Frieden gefährdet, damit die Soldaten wissen, dass sie genau das nicht tun dürfen. Wer z.B. zur Luftwaffe geht, darf mit der Flak gern mal auf ein Passagierflugzeug zielen, muss sich aber damit begnügen, dass das Abschießen nur in Rebellenzonen gestattet ist und auch nur mit einem starken internationalen Partner, der den Frieden sichert.

Zwischen den Dienstzeiten auf Posten soll aber auch nie Langeweile aufkommen, denn der Wehrdienst wäre ja gänzlich überflüssig, wenn er neben den wenigen technischen Einweisungen, Schießübungen und Hilfsdiensten nur aus freier Zeit bestehen würde. Deswegen erhalten Rekruten verantwortungsvolle Aufgaben, wie Kasernen-Fliederbeete nach Borkenkäfern abzusuchen, Blätter gegen den Wind zu harken und die Duschräume auf das Niveau eines Luxushotels hochzupolieren, falls man mal Gäste empfängt. Das alles dient letztlich dazu, die freiwilligen Amokläufer über die Zeit in ein verlängertes Berufssoldatentum zu locken, für das im Rahmen größter Demotivation an allen Ecken Gelegenheiten aufgezeigt werden, sich vor unerwünschten Arbeiten zu drücken und dafür noch Geld zu erhalten. Der junge Soldat lernt nun z.B., dass er beim Befehl "Freiwillige vortreten" an die Seite treten muss, um Freiwilligen den Vortritt zu lassen. Wer gerne Zelten und Grillen bei Lagerfeuerromantik geht, der freut sich schon auf die Biwakierung auf dem kasernennahen Kartoffelfeld, die ganz ohne Lagerfeuer auskommt oder Romantik oder Grillen. Dafür gibt es nämlich nette Durchhaltepämien, von denen man sich für die zwanzig Tage, für die man sich beim Arzt der Kompanie für einen Schnupfen freistellen lässt ein schönes Leben machen kann.

Sind dann die neun Monate um, steht der Wehrdienstleitende vor der Wahl, ob er seine gesamte Ausbildung, also Putzen, Waschen und Fegen unter körperlichen und sozialen Extrembedingungen weiter für den Friedensdient am Vaterland einsetzt oder als gebrochenes, desillusioniertes Würstchen in die abgestumpfte, zivile Berufswelt zurückkehrt, in der niemand mehr nach dem Aufstehen seine Bartstoppeln kontrolliert. Eigentlich ist es unverständlich, warum immer noch so viele den letzeren Weg gehen.

Vorteile des Wehrdienstes

Man kann nie früh genug beginnen...

Seit einigen Jahren versuchen Armeen wie die Bundeswehr immer attraktiver für junge Leute zu werden, um ihnen im und nach dem Wehrdienst Ausbildungsmöglichkeiten und Berufsperspektiven zu bieten, die die Reputation des jeweils amtierenden Verteidungsministers verbessern. Als Ergebnis wiederkehrender kopfloser Reformen ohne Ziel und Inhalt wurden die rauhen Strukturen der Bundeswehrtruppen aufgebrochen und eine Reihe von Vorteilen zur Atrraktionverbesserung des Wehrdienstes installiert. Vielen jungen Leuten steht bei der Entscheiduung zur freiwilligen Meldung die große Distanz zu Familien und Freunden im Weg. Allerdings hat die Bundeswehr in Sachen Familienfreundlichkeit vorgelegt. Die Kampfjets bei der Luftwaffe haben jetzt auch Kindersitze und während der junge Papa in der Grundausbildung mit langen Wollunterhosen und Waffenattrappe im Morgennebel über die Felder rennt, kann sein kleiner Sohn in der Kasernenkita mit seinem Säuglingskollegen Offiziersskat spielen. Auch die Umfunktionierung von Ausbildungsräumen zu Kuschel- und Ruhegelegenheiten soll der Familienzusammenführung und dem neuen Image der Bundeswehr dienen. Es kann nämlich nicht sein, dass sich der Staat immer erst dann um die Familien kümmert, wenn der Wehrdienstleistende bei einem unsinnigen Kampfeinsatz im Ausland gefallen ist.

Auch in Sachen Bildung soll der Wehrdienst noch mehr Vorteile bieten als ohnehin schon. Die bisherige Win-Win-Situation, dass niemand seine Vorkenntnisse mit in den freiwilligen Dienst einbringen kann, die Wehrdienstausbildung aber dafür auch bei Ausbildungen einfach nur unnötig ist, soll aufgebrochen werden. Die Bundeswehr läuft Sturm gegen zivile Konkurrenzorganisationen wie Schulen und Polizei, die in den letzten 200 Jahren im Inland quasi ein moralisches Bildungs- und Ordnungsmonopol besessen haben. Wer sagt, dass man nicht auch Mathematikunterricht haben kann, wenn man dafür nachmittags noch auf den Schießstand muss. Klar, es ist nicht zwingend notwendig, es ist aber auch nicht nicht zwingend notwendig. Zudem brauchen wir mehr Heizungsmonteure und Schornsteinfeger, um die außenpolitische Stärke Deutschlands in der Welt zu festigen und auszubauen. Das deutsche Handwerk bekommt das nie und nimmer mehr hin, und natürlich muss etwas an der Substanz der Ausbildung geschraubt werden. Viele Ingenieure finden bereits jetzt eine bezahlte Berufskarriere in der Bundeswehr durchaus interessant, zudem dort mehr zu reparieren ist als auf jeder ehemaligen LPG-Kolchose, werden aber schnell abgeschreckt, wenn sie hören, dass es bei der Bundeswehr um das Schießen mit scharfer Munition geht. Das würde man auch von der heutigen Organsiation nicht mehr erwarten. Dass wir das Geld haben, um aktiv, attraktiv, ja, anders zu sein, haben einige Staatssekretäre im Verteidigungsministerium 2013 unter Beweis gestellt, denn letztlich dient das Deutschland

Fast in Schußweite
Wie kommt denn der da hin?

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