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Yuccie

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Yuccies zeigen Spießigkeit auf hohem Niveau, ohne aber ihre Egozentrik aufzugeben

Der Yuccie (Young Urban Creative) ist das Nachfolgemodell des Hipsters für alle, die Menschen gerne in Schubladen stecken, damit sie nicht verwirrt werden. Ein Yuccie ist 2015 mit seinen 25 bis 35 Jahren sehr erfolgreich, modebewusst und weltgewandt. Er wird auch Millennial genannt.

Sozialisierung

Der Yuccie wird als Generation Y geboren und wurde im wohligen Komfort von seinen Eltern hochgepimpert. Schulwege mit Bus und Bahn waren ihm unbekannt, er bediente sich vielmehr der Fahrbereitschaft des Elterntaxis für Schule und Freizeit. Als Einzelkind ist er an die uneingeschränkte Aufmerksamkeit um seine Person gewöhnt und weiß davon, dass alle seine Ideen es verdienen umgesetzt zu werden. Dabei achtete er bereits beim ersten Prüfungsaufgabenhandel per SMS in der Schule darauf, dass dieser angemessen entlohnt wird. So konnte er die ersten Erfahrungen sammeln, in denen ein technischer Wissensvorsprung, hier gegenüber den Lehrern, unmittelbare Vorteile verschaffen kann. Ein Yuccie erlangte seine sexuelle Aufklärung durch die ersten kostenfreien und frei zugänglichen Porno-Streams im Internet.

Entwicklung des Yuccie

Der noch bei den Eltern wohlbehütete baldige Yuccie nahm von zu Hause aus an der Entdeckung des Hipsters in der Großstadt teil. Dieser rebellierte einst mit Vollbart und Unterarmtätowierung gegen den inhaltsleeren Lifestyle-Yuppie. Der Hipster war damals Besitzer einer kaum florierenden Müsli-Bar in Berlin-Charlottenburg, aber gleichzeitig wurden im Silicon Valley aus käsigen und pickeligen Studenten-Nerds Milliardäre, die vorübergehend Supermodels heiraten. Diese Nerds extrahierten aus skurrilen oder guten Ideen Computerspiele, welche die blasse Realität des Hipsters ersetzen sollte und destillierten aus technischen Einfällen Reichtum. Solche Gegensätze ließen die Lebensziele eines Yuccie erst keimen: individuell mit Geschmack sein und seine Kreativität dem Kapitalismus zur Verfügung stellen.

Ein Auslaufmodell: Der Hipster der Nullerjahre

Unterschiede zum Hipster

Ab 2010 wurde der Hipster zu einem Kampfbegriff erniedrigt und seines infantilen Inhalts entleert. Es entstand ein Gerippe ohne Realitätsbezug, das einst E-Zigaretten rauchte, mit Tattoos Lebenspläne verbreitete, anstatt mit T-Shirt-Aufdrucken, und seinen Alltag seinem iPhone anpasste. Diese Hipster-Bewegung wurde innerhalb von 10 Jahren von einer Randgruppe zum Mainstream. Wenn dann CSU-Minister Hornbrillen tragen, Tattoos nur mehr schick sind und der Vollbart bei SZ-Redakteuren „hip“ ist, dann ist jeder Individualist und damit niemand mehr. Alles an origineller Bedeutung ordnete man so lange dem Hipster zu, bis er zu einer wandelnden Phrase seiner selbst wurde.
Der Yuccie teilt mit dem Hipster nur Äußerlichkeiten und das Habitat: die Großstadt, wobei ihm die Gentrifizierung eher suspekt ist. Vom Vollbart bleibt beim Yuccie meist nur der Schnurrbart, vom Designer-Delphin-Ohrclip nur der Perlen-Ohrstecker und vom Musikgeschmack nur der Hang zu extravaganter Nischenmusik. Das Tattoo wird durch Bonität ohne Schulden ersetzt, der Diamant im Schneidezahn durch eine Zahnzusatzversicherung. Um seine konsumorientierte Spießigkeit zur verbergen, umgibt sich der Yuccie gerne mit von anderen Yuccies gefertigten extravaganten und scheinbar geschmackvollem Nippes, der natürlich überteuert zu sein hat. Vergibt der Hipster gerne neue Namen für Dinge, die schon längst benannt sind, um sich originell zu geben, benennt der Yuccie neue Dinge originell, um sich damit einen Namen zu machen. Waren dem Hipster die Sulfite und Konservierungsstoffe im Pumpkin Spice Latte noch egal, denn es ging ihm nur um Hippness, mixt sich der Yuccie diesen nun selbst.

Berufliche Merkmale des Yuccie

Ein Yuccie ist meist im Social-Media-Bereich tätig, antwortete also beispielsweise als kleiner Junge auf die Frage: „Was willst Du einmal beruflich machen?“, nicht mit: „Irgendwas mit Mädchen“, sondern mit „Irgendwas mit Medien“. Yuccie gründen Start-ups für Public Viewing im Internet oder Smart-Barbies, die auf Dirty Talk umprogrammiert sind und Crowdfunding-Manufakturen für Brillengestelle aus gehärteter, laktosefreier Sojamilch und Bambus. Sie bieten Datenoptimierungsdienste für Social-Media-Profile an, um all den Datenabsaugern ein positives Bild der eigenen Person zu vermitteln und durch einen gefakten Marathonlauf die Krankenkassenbeiträge zu vermindern. Als Grafikdesigner stylen sie Smartphone-Hüllen aus Hanf vom Fair-Trade-Handel. Dabei verdienen sie allerdings ordentlich Geld. Diesem finanziellen Aspekt des Jobs muss aber unbedingt eine sinnvolle Tätigkeit zugeordnet sein.
Ein Yuccie will so erfolgreich sein, wie einst der Yuppie, der in den Neunzigerjahren für den Börsencrash des Neuen Marktes verantwortlich war, aber seine Kreativität nun bei seiner Gier freien Lauf lassen. Die Egozentrik des Yuccie begibt sich im Beruf auf die Sinnsuche und findet darüber hinaus doch nur den All-inclusive-Urlaub mit seiner Peer-Group in einem thailändischen Designerhotel oder Yoga-Stunden zur Betäubung seiner spirituellen Unerfülltheit.

Lebensgefühl

Der Yuccie tätowiert seinen Körper dort, wo es der Karriere nicht schadet. Nachrichten werden über das Smartphone als App in der Zusammenfassung gelesen, aber dennoch eine papierbasierte Wochenzeitung per Abo bezogen. Als ehemaliger Angestellter wurde seine Leidenschaft zum Beruf, in seinem Start-up stellt er nun Designer-Filzhüte aus Angorawolle her oder baut Holzskier, die nur für Bio-Schnee geeignet sind.
Der konsumorientierte Yuccie achtet nicht auf den Preis, wie der Yuppie, oder auf den Geschmack, wie der Hipster, sondern auf beides. Das Fahrraddress kostet über 150 Euro und produziert auch Solarstrom für das Handy, das Bier muss mit Holundergeschmack, alkoholfrei und in einer Designerflasche mit hübschen Etikett abgefüllt sein. Dann kann man es Craft Beer nennen, zumal es natürlich handgebraut sein muss und sich mit seinem unvergleichlichen Geschmack von der Masse abzuheben hat. Hier ist Regionalität nicht gefragt, das extravagante Craft Beer aus Neuseeland mit Zimtgeschmack, in Whiskeyfässern gelagert, wird dem Weizenbier aus der heimischen Brauerei vorgezogen. Der Honig muss dann wieder von freilaufenden Bienen des Innenstadt-Imkers gesammelt sein.
Die Box des Gemüse-Abos lässt man absichtlich lange vor dem Single-Appartement stehen, damit die Nachbarn das eigene Gesundheitsbewusstsein bewundern können. Denn die Smoothies sind natürlich grün und selbstgemixt, wegen der verjüngenden und gesundheitsfördernden Antioxidantien, schließlich machen das Toni Garrn und Mila Kunis auch so. Dort wo früher die Brotschneidemaschine in der Küche stand, befindet sich heute der mundgelötete Edelstahlturbomixer zum pürieren von Eichblattsalat, Spinat und Huflattich.
Das Selbermachen liegt überhaupt im Trend, Hauptsache das erzielte Produkt stellt den Macher in den Mittelpunkt. Cupcakes, Chutneys oder Marmelade sind selbstgemacht oder zumindest von der Mutter zu Hause bezogen, der zuvor das Rezept besorgt wurde. Das gemeinsame Kaffeekränzchen, pardon, Food Swap, dient dann dazu sich wegen seines außergewöhnlichen Geschmacks bewundern zu lassen. Das Abendbrot ist Tauschbörse der mitgebrachten Produkte und dient dazu innerhalb der Peer-Group neidvoll die Erfolge zu vergleichen.
Neben der mit dem Smartphone steuerbaren strahlungsfreien Öko-Mikrowelle steht dann die Handkaffeemühle, in der Kaffeebohnen von einer Fair-Trade-Kaffeerösterei gemahlen werden. Bei Kaffee liebt der Yuccie Frische, Qualität und lachende Kinder von ecuadorianischen fairen Kaffeebauern auf der Verpackung aus Recyclingpapier. Es kommt nur die ganze Bohne ins Haus und bei Auswärtsterminen sind immer eine Taschenhandkaffeemühle und ein paar Kaffeebohnen mit dabei. Und wo man einst bei Indie-Musik-Festivals zeltete, schläft heute der Yuccie anschließend im 4-Sterne-Hotel. Die Kosten sind dabei immer unerheblich, Hauptsache sie demonstrieren seinen Intellekt und Geschmack.
Wie der Hipster, trinkt der Yuccie seinen Club Mate in der Limonadenbar an der Straßenecke und übergeht mit dem ersten grauenvollen Schluck den schalen Geschmack getrockneter Tabakblätter. Doch das Hip-sein-wollen hat er immer noch mit dem Hipster gemein und tröstet sich mit ihm damit, dass nach der dritten Flasche der Koffein-Kick einsetzt und der Brechreiz von einem Zugehörigkeitsgefühl verdrängt wird. Deshalb ist die Club-Mate-Flasche auch die erste Glasflasche, die vom Yuccie als Accessoire herumgetragen wird.
Beim Essen weicht der Yuccie der Bequemlichkeit von Tischen, Stühlen, Servietten und Besteck in Restaurants aus und lässt sich lieber vor den gerade trendigen Streetfood-Trucks sehen. Allerdings setzt er hier wieder auf Geschmack und bevorzugt ausgefallenen Imbissbuden-Charme mit Gourmetcharakter. Der Ramen-Burger wird mit koreanischen Kimchi gefüllt oder er ist vegan. Wenn schon einmal Fleisch darin liegt, dann hat es handmassiertes Kobe-Rindfleisch zu sein, damit man en vogue ist. Und da in einer Hand die Club-Mate-Flasche herumgetragen wird, bleibt für die andere nur mehr Platz für eine überschaubare Portion Fingerfood übrig.

Psychologisches Profil

Der Yuccie ist ein eher unangenehmer Typ. Er fühlt sich und ist meist privilegiert, da er sich nicht aus 2 Generationen Hartz 4-Empfängern hocharbeiten musste. Als Einzelkind ist er selbstzentriert, ohne je Not erfahren zu haben, wird die Not anderer kaum verstanden. Spenden werden als Crowdfunding definiert, man erhofft sich Vorteile daraus. Ökologische Fußabdrücke, egal wo und wie groß, sind ihm egal, wichtig ist, dass sie von ihm sind.
Als erste voll digitalisierte Generation ist der Yuccie Spezialist darin seine Datenspuren zu optimieren und in schizophrener Manier im World-Wide-Web smarter aufzutreten, als er in seiner Spießigkeit tatsächlich ist. Er ist kreativer Meister des Selfies und weiß darum, dass es keinen Augenblick und das Leben mehr gibt, wenn es nicht digital festgehalten wird. So will er als digitale Spur Unsterblichkeit erlangen, denn ein ewiges Leben bei Gott wäre ihm zu wenig selbstkonzentriert, außerdem duldet er keine intellektuelle Konkurrenz neben sich. Weitere Sinnfragen stellt der Yuccie allerdings nicht, außer er könnte sich bei einem philosophischen Gespräch damit gegenüber anderen profilieren und sich eine gefakte seelische Tiefe verleihen, die er im Flachwasser seines Egos jedoch nicht besitzt.
Denn was den Yuccie nicht bestätigt, wird nicht getan. So verdient er lieber weniger, als dass er keine Bestätigung seiner selbst erfahren würde. Er, der Selbstoptimierung gewöhnt ist, will stets wissen, dass sein Talent ausgeschöpft ist. Dennoch ist er soweit systemkonform, um seine Karriere zu fördern, trägt aber sein Hipster-Jutebrustbeutelchen immer noch unter dem maßgeschneiderten Designeranzug oder dem Designerkleid.


Der Autor ist Mitglied des Schaumpfeifenclubs Travemünde e.V. und emeritierter twitter-User. Während des Verfassens des Artikels sendete seine Datenhose zwölf Kilo Gewichtsverlust an seine Krankenkasse, was ihm einen verringerten Krankenkassebeitrag bescherte.


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