Briefkasten

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...und deine Zeitungen zerschnitten - Ein Briefkasten muss richtig geschützt werden.

Der Briefkasten ist ein vorsintflutliches Kommunikationsfass, das Nicht-Postbankkunden der Generation 2.0 nur noch als Abgabeort für die Kündigung ihrer Telefonverträge kennen. Ursprünglich zur Aktualisierung und Übertragung von zeitgeschichtlich bedeutenden Meldungen erdacht, verkam er in Zeiten des Massenkonsums zur Durchgangsstelle von Trivialmitteilungen von Schwager Peters letzter Städtereise und zum trockenen Winterschlafplatz für besonders gelenkige Obdachlose. Sein kleiner Bruder, der Hausbriefkasten ist zwar deutschlandweit standardisiert, aber für viele Hausbewohner nur eine Büchse der Pandora, von der man sich aus Angst vor Inkasso-Drohungen lieber fernhalten sollte. So verkommen zahlreiche Briefkästen in Hausfluren zu einem Archiv der letzten 200 LIDL-Angebote, das auch gut und gerne vor dem Briefkasten weitergeführt werden kann. Die Vorgänger der Briefkästen waren die Briefkastelle, von denen heute noch einige in Südspanien zu finden sind.

Erfindung des Briefkastens

Sicher, schnell, gutaussehend Postkastenkutscher waren die Fahrradkuriere des 19. Jahrhunderts und nur halb so langsam!
Weil er faule, unzuverlässige Kuriere leid war, erfand Anselm Franz von Thurn und Taxis Anfang des 18. Jahrhunderts für seine recht unpünktliche Privatpost im Reich den Reichsbriefkasten. Zuvor waren versendete Briefe ungehindert Feuer, Wasser, Wölfen, Räubern, Gewittern, Wind, Sonne, Schmutz, Willkür oder kriminellen Schafbanden ausgeliefert, die selbst bei den besten und schnellsten Boten zu einer Auslieferungsswahrscheinlichkeit von 16 - 40% führten, sodass sich nicht einmal der Kaiser selbst traute, neue Lehensbriefe und Schenkungen per Einschreiben zu versenden, ohne dass den Expresskurier ein zehnköpfiger Spiontrupp zur Sendungsverfolgung begleitete.
Der undressierte Rüsselsheimer Laufbriefkasten (historisch) an der Leine
Nicht selten kam es vor, dass jähzornige Beamte, die durchnässten Lappen am Siegel packten und den Boten, der den Regenschirm vergessen hatte, damit windelweich prügelten. Viele von ihnen starben an den Folgen dieser Prügeleien, hauptsächlich durch die blei- und quecksilberhaltige Tinte.

Mit der Erfindung des Briefkastens war es möglich, die Abholung der Briefe zu staffeln und als Gesamtpaket an die einzelnen Empfänger zu bringen. Dadurch hatten auch Räuber und Marodeure weniger Arbeit und eine größere Auswahl, denn die transportierten Briefe blieben trocken und sauber. Im Zeitraum von nur vier bis sechs Wochen, nahm die Postkutsche alle restlichen Briefe von denjenigen mit, die sich wegen der Dringlichkeit ihrer Nachricht nicht schon lange selbst auf den Weg zum Empfänger gemacht hatten. Dadurch erhöhte sich die Sicherheit, denn auch wenn der Postkutscher in irgendeinem Graben erstochen wurde, liefen die Pferde mit dem Briefkasten auf Autopilot einfach weiter. Zudem lag in jedem Kutschbock ein Fahrtenschreiber, der alle Unregelmäßigkeiten der Auslieferung mit Feder und Papier notierte, sodass man verlorenen Briefen nachkommen konnte.

An der Form des Briefkastens feilten die von Thurn und Taxis lange, denn der anfänglich erdachte Wurfbriefkasten war es noch nicht. Bald lagen überall in kleineren Orten von Briefkästen erschlagene Postkutscher, weil die Gemeindevorsteher zu faul waren, ihre Kästen die Treppe ihres Hauses runterzuschleppen und unachtsam aus dem Fenster warfen. So wurde der Wurfbriefkasten zum Einwurfbriefkasten, der fest installiert im Ort stand. Einmal in vier bis sechs Wochen konnte der Postkutscher dort eine Klappe öffnen und die von Schwarzpulver zerrissenen, nach Urin stinkenden oder vollgekackten Briefe entnehmen, denn der Briefkastenvandalismus war wenigstens so alt wie der Briefkasten selbst.

Wie ein Briefkasten funktioniert

So kommt es

Wo wären wir heute ohne Briefkasten?

Mit dem staatlichen Postmonopol, das bald den Empfang und das Versenden von Briefen für jeden möglich machen sollte, entpersonalisierte sich Anfang des 20. Jahrhunderts das Verhältnis von Boten und Empfängern ganz und gar. Postboten wurden zu menschenscheuen Phantomen, die im Schatten der Briefkästen durch die Morgendämmerung streiften und im letzten Abendlicht um die Einwurfkästen schlichen, um sie ungesehen für den nächsten Morgen zu entleeren.

Dieses Prinzip setzte sich schnell in allen gesellschaftlichen Bereichen durch. Sogar während der Weltkriege gab es an der Front Briefkästen für die sog. Feldpost, in denen Soldaten in Stunden der Not schnell noch Briefe in die Heimat senden konnten, um sich frische Unterwäsche schicken zu lassen oder außergewöhnliche Postkartenmotive mit dem französischen Soldaten, der ihnen gerade sein Bajonett in die Rippen gestoßen hatte, an Neider und Verwandte zu schicken, mit der Widmung: "Bombenwetter, kein Senfgas, nur die Nachbarn nerven ein bisschen."

Zur Hochzeit der Briefkästen versuchten auch andere Lieferanten über die Hauspost Kundengespräche zu vermeiden, was bei Milch- und Eiermann besonders ärgerlich war. Eine Zeitlang kamen selbst singende Telegramme über den Briefkasten, indem die Postboten dort kleinwüchsige Tenöre einsperrten. Spätestens wenn der Briefkasten beim Öffnen am Morgen „O sole mio“ trällerte, wussten Empfänger da, dass sie ab und an mal ein Stück Brot und ein bisschen Wasser in den Briefkasten werfen mussten, damit er nach zwei Wochen nicht anfing, komisch zu riechen.

So geht es

So wird das nichts

Wer Briefe nicht nur empfangen, sondern auch versenden will, muss heute darauf achten, dass er die speziellen Postbriefkästen nutzt. Hausbriefkästen werden vom Postboten nicht geleert. Es bringt nichts, sich darüber aufzuregen, dass der Postbote den jetzt schon dreimal in den eignen Kasten eingeworfenen Brief nicht mitnimmt. Auch sich hinter den Briefschlitz zu stellen und auf die Ankunft des Postboten zu warten, nur um ihm beim Einstecken den Brief mit der Hand und einem lauten Daaa! entgegenzuwerfen, ist kontraproduktiv, weil der scheue Postbote in Ruhe dem auf den Boden segelnden Brief nachsehen und dann einfach weggehen würde, vermutlich für immer. Weil durch die Vulgarisierung des Hausbriefkastens sogar hohle Baumstümpfe als Ablageort für Briefsendungen in Frage kommen, hat die deutsche Post ihre eigene normgerechte Kastenproduktion aufgezogen und die staatliche Abnahme der Sendungen darauf beschränkt. Daher sind ausschließlich die von außen durch ihre brechend gelbe Farbe schwer zu erkennenden Postbriefkästen für den Versand geeignet.

Satter Briefkasten

Wer einen Briefkasten für die Sendung bedienen möchte, nähert sich der Einwurfstelle auf zehn Meter, verneigt sich kurz und gibt dann die Sendung in den geöffneten Schlitz. Ist der eingesteckte Brief nicht ausreichend frankiert, spuckt ihn der Briefschlitz sofort wieder aus. Dann bringt es auch nichts, panisch Münzen hinterherzuwerfen, denn die meisten Briefkästen dürfen kein Bargeld annehmen (Korruptionsschutz). Nachdem der Brief den Schlitz durchquert hat, wird er nach Form, Geruch, Farbe, Format, Schriftart und Größe in einzelne Fächer sortiert. Geldumschläge fallen automatisch in einen extra Schacht, wo sie durch Druckluft in das Trinkgeldglas des nächsten Postschalters gepustet werden.

Ist der Briefkasten voll, rülpst er laut beim Einstecken und spuckt die Briefe wieder aus. Dann muss die nächste Leerungszeit abgewartet werden, die heute nicht mehr der Postbote, sondern der speziell dafür ausgebildete Briefkastenleerungsassistent (BLA) mit einer speziellen Transportbox vornimmt. Jeder BLA ist technisch nur für einen Briefkasten zuständig, den er nur mit seinem persönlichen Netzhautscan an der Unterseite öffnen kann. Da die Leerung ein hochkomplexer Vorgang mit vielen Handgriffen und Sicherheitseinstellungen ist, bevor die Briefe alle durcheinander in die Transportbox fallen, ist ein Leerungsassistent während des Vorgangs auch nicht ansprechbar, geschweige denn bereit, gerade ankommende Briefsendungen anzunehmen, die gefälligst zur nächsten Leerungszeit eingesteckt werden müssen, wenn der Briefkasten da nicht zufällig wieder voll ist. Nach der Leerung gehen die Sendungen in das nächste Briefzentrum, wo Mitarbeiter über die Zustellung ein Briefing abhalten und die Briefe dann den jeweiligen Postboten für ihr Revier zuschicken, z.B. mit Hermes.

Arten des Briefkastens

Der Postbriefkasten

Alle Briefe gehen entweder nach Wuppertal oder woanders hin.

Der moderne Postbriefkasten ist ein hochkomplexes Hightechgebilde aus gebürstetem Aluminium mit Alarmanlage, Servobriefschlitz und automatischer Wegfahrsperre. Er ist eckig, um möglichst viele eckige Briefe aufnehmen zu können, deswegen gehören Rundschreiben auch in runde Briefkästen. Die charakteristische Form ist ein Postpatent und muss in speziellen Fällen von extra engagierten Briefkastendesignern verändert werden. Postbriefkästen sind an öffentlichen Orten angebracht, entweder eingemauert in der Wand, auf einem Betonsockel oder aufgestülpt auf einem Stahlpfeiler mitten im Weg. Auf jeden Fall sind sie immer an Materialien befestigt, an denen sich der wütende Postkunde, der die Leerungszeiten verpasst hat das Bein bricht, wenn er in blinder, frustgetränkter Wut auf den Kasten eintritt, um den Stressabbau mit ein paar Wochen Ruhe zu fördern.

Psssst, sonst verschreckt man ihn!

Briefkästen findet man immer an frei zugänglichen Orten, teilweise an sehr frei zugänglichen Orten. Ist man nicht gerade in der dicht besiedelten Stadt, bedeutet das, dass man sich auf die Reise zum nächsten Briefkasten gut vorbereiten und ein paar Brote für unterwegs mitnehmen muss. Weil gerade Feldbriefkästen so weit draußen stehen, dass sie statt Leerungszeiten einen Leerungskalender auf der Vorderseite haben, müssen sie in der Provinz auch eingebaute Blitzableiter besitzen, denn da wo sie stehen, sind sie meist das Objekt, das dem Himmel am nächsten ist. Früher, als es noch keine Blitzableiter gab, musste man den Leitwert der Briefe an der sog. Postleitzahl ablesen. Hohe Leitzahlen durften nicht in blitzgefährdete Feldpostbriefkästen eingeworfen werden.

Wie genau ein Briefkasten von innen aussieht, wissen nur der BLA und der zuständige Postbote und der auch nur von Schulungen an Musterbriefkästen. Um sich aber Postbriefkasten nennen zu dürfen, muss jeder Briefkasten von Werk her das Postgeheimnis in sich tragen, das sogar im deutschen Grundgesetz verankert ist. Selbstverständlich verrät die Post dieses Geheimnis nicht, handelt es sich doch wohlweislich um die Klärung der Frage, warum sie immer noch das größte Monopolunternehmen für den staatlichen Briefverkehr und den konjunkturfeindlichen Briefmarkenpreis ist.

Der Hausbriefkasten

Familie Groh hat sich auf das wesentliche beschränkt.

Weil abgesehen von Reihenhäusern und Mietwohnungen jedes Haus individuell ist, gibt es für den Hausbriefkasten auch keine Vorgaben. In städtischen Mietshäusern und Altbauten ist meist banalerweise nur ein Briefschlitz im Türbrett der Vordertür, der ins Nichts bzw. in den leeren Eingangflur führt, obwohl im Eingangsflur noch einmal Einzelbriefkästen hängen und obwohl der Postbote das weiß und einen Schlüssel für die Tür hat, benutzt er mit Vorliebe den Attrappenbriefschlitz an der Vordertür. Das macht aber nichts, viele Mieter lernen ihren Briefkasten ohnehin zum ersten mal beim Einzug und zum zweiten mal beim Auszug kennen. Zwischenzeitlicher Briefverkehr wird über den entnervten, guterzogenen Nachbarn abgewickelt, der zu seinem eigenen Pech immer zuhause ist, wenn der Postbote klingelt.

In ländlichen Gegenden passt man sich gern den Nachbarn an.

Für die platzsparende und sichere Aufbewahrung von Briefen, von denen einige der Witterung sehr lange standhalten müssen, bietet sich natürlich der altbewährte, viereckige Blechkasten an, den es in jedem guten Baumarkt zu kaufen gibt. Aber selbstverständlich ist die Form frei wählbar. Beispielsweise kann man Futterhäuschen für Vögel leicht zu Sommerbriefkästen umfunktionieren, alternative Studenten-WGs nageln auch gerne leere Taschentuchboxen mit der Aufschrift „Posst“ an ihre Tür. Allenfalls verhasste und auffällige Personen müssen sich sorgfältiger um die Haltbarkeit ihres Briefkastens kümmern, v.a. zu Silvester, zum ersten Mai und zum vierten Juli. Manch einer, der im fünften Stock wohnt, sorgt da schon langfristig vor, indem er seinen Briefkasten direkt neben seinem Balkon anbringt, für Rowdys unerreichbar. Weil das aber nicht die scharfsinnigste Lösung ist, werden Briefkästen auch gerne mit doppelter Titanverstrebung, Sprinkleranlage und Duftspray ausgestattet. Wer so einen Briefkasten ans Haus nagelt, muss sich nicht wundern, wenn ihm frustrierte Rowdys anschließend die Scheiben einwerfen. Arschloch.

Der Schatzbriefkasten

Durchnummerierte Schweizer Schatzbriefkästen

Ein Schatzbriefkasten findet sich meist in der Nähe von Börsen und Banken und ist überwiegend für Wertpapiere gedacht. Die Briefkästen dienen einer privaten Postinfrastruktur, denn staatliche Schatzbriefsendungen werden über ein Regal abgewickelt. Wirft ein Börsenmakler einige Anteile in Briefkasten, kommt ein sog. Fond-Manager, holt die Anteile ab und bringt sie zum nächsten Schatzbriefkasten. Dort entnimmt ein Bank- oder Börsenmitarbeiter die Anteile, gibt sie zurück und legt weitere Anteile dazu. Irgendwann durchbricht ein Makler/Bankier die Kette, indem er keine neuen Anteile mehr dazu legt, sondern einfach alles für sich behält und damit seine Gewinnspanne ganz erheblich maximiert, sodass er das nächste mal, wenn überhaupt, wieder mehr Anteile in den Briefkasten legen kann. Gründet dieser Makler/Bankier aus den Gewinnen seiner Anteile dann noch eine Briefkastenfirma auf den Bahamas, spricht man von Weltwirtschaft.

Die iNschickbox

Im Zuge der Modernisierung des Briefsystems durch den E-Postbrief schloss die Post mit der Firma Apple mehrere Verträge über neue Versandarten in einem „post office execution“-System. Weil der E-Postbrief vielen im Gegensatz zur kostenlosen E-Mail zu aufwendig war und den analogen Postverkehr nicht dauerhaft ablösen konnte, will die Post mit dem neuen Versandsystem zu ihren Wurzeln zurück. Wer einen E Post-Brief versenden möchte, ist zukünftig nicht mehr auf das Internet angewiesen, sondern kann seine Nachricht in ein Word-Dokument schreiben, es möglichst gut sichtbar auf dem Desktop speichern und den Desktop samt mobilen Computer in die iNschickbox werfen. Für den Versand über die iNschickbox gelten in der Regel zwar Paketpreise von bis zu sechs Euro pro Nachricht, dafür ist der Versand aber auch absolut sicher, solange dem Boten der Laptop nicht aus der Hand fällt, nass wird oder Feuer fängt.

Warum sind Briefkästen nicht beheizt?

Die Briefe wärmen sich gegenseitig.

Soziale Funktion

Der Briefkasten hat die moderne Kommunikationsinfrastruktur erheblich entpersonalisiert und den oftmals unangenehmen Geschäftsverkehr mit fremden Leuten und Sonderlingen massiv erleichtert. Doch braucht man ihn heute überhaupt noch, ist eine solch langsame Datenübertragung (24 Stunden/Byte) in Zeiten neuer Medien überhaupt noch funktional und effektiv?
Ein Briefkasten konserviert Zeitgeschichte, wenn er sie denn bei sich behält.
Selbstverständlich, denn in einer Welt, die immer lauter und transparenter wird, ist der Briefkasten der letzte private Zufluchtsort. Auch wenn er an mancher Wohnung in fehlt, macht er das Heim doch erst zu dem, was es ist, zu einem Ort der Heimlichkeit und der anonymen Nummerstatistik im spießbürgerlichen Einwohnerregister. In einer Welt, in der GEZ-Bluthunde durch staatliche Zwangsmaßnahmen wegrationalisiert wurden, ist der Briefkasten der letzte Anlaufort für gewissenlose Betrüger und skrupellose Staubsaugervertreter. Wie sollte man sonst erfahren, dass man in fragwürdigen Gewinnspielen den ersten Preis, also eine Luxusreise auf die Bahamas (womöglich zur Briefkastenfirmenbesichtigung) gewonnen hat, obwohl man nie an einem solchen Gewinnspiel teilgenommen hat? Im Gegensatz zur inflationären Spammail zaubern solche müden Versuche dem heiteren Hausbesitzer in kalten und kritischen Zeiten ein mitleidiges Lächeln auf die Lippen.

Als Orte der Privatheit sind Briefkästen auch gute Freunde in der Not, Helfer im Alltag, Allroundwerkzeuge. Wer will schon den Zweitschlüssel bei verschrobenen Nachbarn holen, wenn man ihn auch bequem im Briefkasten lassen kann, falls der Schlüsselbund mal verloren geht? Klar ist es doof, wenn der Briefkastenschlüssel dann zufällig auch am Schlüsselbund hing, aber man kann ja den Zweitbriefkastenschlüssel zur Not beim verschrobenen Nachbarn abgeben.

Ganz im Einklang mit der Natur...

Ein Briefkasten stellt keine Fragen, er ist Hort für Träume, Schwelgerei und Hoffnungen, Hoffnungen auf den Zahlungsaufschub für die dritte Monatsmiete in Folge oder auf eine Reaktion des Stalkingopfers, dem man jetzt schon den zehnten gruseligen Liebesbrief mit Eigenblut geschrieben hat. Natürlich riechen diese Träume gerade im städtischen Umfeld auch etwas streng, weil durch den Telefonzellenrückgang die öffentlichen Toiletten fehlen. Doch der Mix aus Urin, Sperma und Kot in sozialen Brennpunktbriefkästen bietet auch Chancen, Chancen der Wiederbegrünung, des gesünderen Lebens in einem nachhaltigen Stadtraum, den sich die Natur zurückerobern kann. Warum nicht an verwaiste Briefkästen Stangen anbringen, damit des nachts umherstreifende Fledermäuse endlich eine neue Zuflucht haben und sich obendrein noch von den angeklebten Kaugummis an der Innenseite des Kastenschlitzes ernähren können?

So könnten Briefkästen auch in Zukunft helfen, Diversität, Vielfalt und Toleranz zu fördern. Die Verlagerung von öffentlichen Demonstrationen auf den Briefverkehr könnte politische Diskurse auf eine ruhige und sachliche Ebene zurückbringen, auf der man sie auch mal aufschieben kann, bis sie verjährt sind. Nach dem "Stille Post"-Prinzip könnten als Lösungen auf aktuelle politische Fragen nach Monaten völlig abstruse Kompromissmonster herauskommen, über deren Sinnlosigkeit alle Beteiligten nur herzlich lachen können. Das funktioniert mit dem Briefkasten am Kanzleramt z.B. schon seit Jahren hervorragend. Der stille Siegeszug des Briefkastens hat längst begonnen und ist seit dem ersten Briefbombenattentat vor 70 Jahren durch modernisierungsfeindliche Maschinenstürmer auch nicht mehr zu stoppen gewesen. Was wird in Zukunft alles möglich sein, wenn wir nur wieder weniger miteinander reden?


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